Trafen sich zum Gespräch über die prekäre Lage der Migrationsfachdienste (v.l.): Luzia Ostendorf (In Via), Martin Strätling (Caritas Paderborn), Claus Westermann (Caritas Büren), Dr. Carsten Linnemann (MdB CDU), Burkhard Blienert MdB SPD), Niko Dembowski (AWO), Elena Neverov (Diakonie), Ludmilla Friesen (AWO) und Christiane Jäger-Dohmann (Deutsches Rotes Kreuz).
AK Migration informiert MdBs Blienert und Linnemann: Migrationsfachdienste brauchen mehr Mittel
„Es werden in den nächsten Jahren weitere Flüchtlinge zu uns kommen und wer schon hier ist, muss weiter begleitet werden. Ohne eine Aufstockung der Mittel können wir die vielen zusätzlichen Beratungen einfach nicht mehr leisten.“ So brachte der Leiter des AWO-Jugendmigrationsdienstes, Niko Dembowski, im Mehrgenerationenhaus AWO Leo die derzeitige Lage der Migrations-Fachdienste auf den Punkt. Anlässlich eines bundesweiten Aktionstages der Wohlfahrtsverbände und Beratungsträger, hatte der Arbeitskreis Migration Paderborn die Bundestagsabgeordneten Dr. Carsten Linnemann (CDU) und Burkhard Blienert (SPD) dort zu einem Gespräch geladen, um diese über die Arbeit der Migrationsdienste zu informieren und die Notwendigkeit zusätzlicher finanzieller Mittel zu unterstreichen.
Dembowski erklärte, dass die Integrations-Betreuung zu etwa gleichen Teilen über die vom Bundes-Innenministerium finanzierte Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) und den vom Familien-Ministerium finanzierten Jugendmigrationsdienst (JMD) getragen wird. Beide sollen sowohl die sprachliche, soziale, schulische und berufliche Integration verbessern, als auch Chancengleichheit und Teilhabe fördern. Die „Klienten“ kommen aus den Asylverfahren zu den Beratungsdiensten und werden dort im Rahmen des sogenannten Case-Management über einen längeren Zeitraum intensiv begleitet. Seit 2006 habe sich jedoch die Zahl der jährlich zuwandernden Menschen verdreifacht, so Dembowski. Bei der finanziellen Ausstattung der Fachdienste seien dagegen jedoch nur sehr geringe Steigerungen zu verzeichnen. „Wir haben noch nie so viel gearbeitet wie im Moment.“ Durch die derzeit stagnierenden Zuwanderungszahlen sei dabei keine Entlastung zu erwarten. „Denn alle, die schon da sind, beraten wir ja weiter.“
Statt der maximal vorgesehenen 150 Klienten müssten die Berater heute bis zu 300 Kunden betreuen, berichtete Marie-Luise Tigges vom Diözesanverband der Caritas. „Wir haben doch auch eine Verantwortung für die Gesundheit unserer Mitarbeiter.“ Gleichzeitig drohe natürlich die Qualität der Arbeit zu leiden. So seien die Berater schon jetzt für die Kunden oft schwer zu erreichen. „Weil die Flüchtlinge oft von Träger zu Träger laufen müssen, um an einem Sprachkurs teilzunehmen, habe man eigens dafür Extra-Sprechzeiten eingerichtet, berichtete Luzia Ostendorl, Leiterin des In Via Jugendmigrationsdienstes. „Wir versuchen hier schnell zu helfen, aber durch die vielen verschiedenen Sprachen ist die Arbeit oft langwierig und zermürbend.“ Auch Dembowski berichtete, dass seine Einrichtung zum Beispiel der Verpflichtung zur Beratung während der Sprachkurse nur noch bedingt nachkommen könne. „Früher haben wir zum Beispiel den individuellen Fähigkeiten und Interessen entsprechende Praktika vermittelt. Das schaffen wir heute gar nicht mehr.“
Die Effektivität des begleitenden Case-Managements, stellte Martin Strätling vom Caritasverband Paderborn noch einmal heraus: Einer aktuellen Studie zufolge hätte sich die Situation bei 88 Prozent der Klienten durch den Beratungsprozess verbessert. Sechs Prozent seien danach nicht mehr auf Transferleistungen angewiesen.
Karin Strätling von In Via bekräftigte die Bedeutung der längerfristigen, individuellen Beratung. „Das ist unter anderem bei den sehr individuellen Wegen zum Schulabschluss wichtig, weil hier das Gießkannenprinzip unserer Erfahrung nach nicht funktioniert. Auch bei der Wohnberatung, sei eine intensive Betreuung unerlässlich, bestätigte Klaus Westermann vom Caritasverband im Dekanat Büren. „Die Vermieter sind sehr vorsichtig und wollen über die potentiellen Mieter sehr genau Bescheid wissen.“
Vor diesem Hintergrund bekräftigten die Mitglieder des Arbeitskreises Migration die vom Bundesverband der Freien Wohlfahrtspflege und den Bundestutoren des JMD-Programms geforderten deutlichen Aufstockungen der im aktuellen Haushalt vorgesehenen Mittel. Linnemann und Blienert, die aufmerksam zugehört und wiederholt nachgefragt hatten, sagten zu, das Thema weiter zu verfolgen und mit in die laufenden Haushaltsberatungen zu nehmen.
Im Arbeitskreis Migration Paderborn arbeiten die Migrationsfachdienste von AWO, Caritas, Diakonie, IN VIA und des Deutschen Roten Kreuzes bereits seit vielen Jahren erfolgreich zusammen. Gerade haben sie einen gemeinsamen Info-Flyer veröffentlicht.