Erfolgreiches Integrationsseminar bei der AWO in Delbrück (v.l.): Seminarleiter Heinz Hundt mit Shadi Hasso, Mehsen Mattar, Haji Murad Bakir, Mohamad Zakwan Aref, seinem Vater Ahmed Aref und Dolmetscher Sofiane Bensidhoum.
Seminar hilft Flüchtlingen, sich zurechtzufinden
„Vor dem Gesetz sind in Deutschland alle Menschen gleich und haben die gleichen Rechte. „Das gilt für Arme und Reiche, für Frauen und Männer, für Chefs und Mitarbeiter“, erklärt Heinz Hundt den Teilnehmern des mittlerweile fünften Integrations-Seminars in der AWO-Außenstelle Delbrück. Ein junger Mann übersetzt das soeben gehörte ins arabische und fünf Männer unterschiedlichen Alters diskutieren angeregt. Vor einigen Monaten sind sie aus Syrien oder dem Irak dem Krieg entkommen, um hier mit ihren Familien Frieden zu leben. Alle haben sie auch inzwischen ein wenig Deutsch gelernt. „Ich will die Sprache lernen und arbeiten“, sagt Mehsen Mattar aus Syrien. „Und Deutschland etwas zurückgeben.“ Die anderen nicken bestätigend.
In den von der AWO und der Stadt Delbrück angebotenen Kursen, erfahren die Flüchtlinge, welche Regeln in der neuen Heimat gelten und was man hier von Ihnen erwartet. „Woher soll ein Bauer aus Afghanistan denn wissen, wie man sich hier benimmt“, sagt Hundt. „Das wüssten wir ja umgekehrt auch nicht.“ Schon seit geraumer Zeit unterrichtet der ehemalige Lehrer für Deutsch und Philosophie am Gymnasium Rietberg in den niederschwelligen AWO-Deutschkursen für Flüchtlinge. In Gesprächen mit den AWO-Mitarbeiterinnen in Delbrück entstand die Idee, ein Seminar zur Orientierung in Deutschland für Flüchtlinge anzubieten, um sie mit den unterschiedlichen Gesetzen und unserer Kulturen vertraut zu machen.
Daraufhin entwickelte der Pädagoge ein umfassendes Seminarkonzept auf der Basis des aufklärerischen Gedankengutes von Immanuel Kant. Ausgehend vom Grundgesetz erläutert er in den zweitägigen Seminaren ethische Grundsätze, wie Respekt, Gewaltlosigkeit und Toleranz. Aber auch ganz praktisches Alltagswissen wird hier vermittelt: dass zum Beispiel Unpünktlichkeit als respektlos gilt, körperliche Nähe nur unter Freunden, Familie und Liebenden akzeptiert wird oder eine Unterschrift immer das Einverständnis erklärt, auch wenn der Unterzeichner gar nicht weiß, was er unterschrieben hat. „Vieles, was sie hier erfahren, erzählen die Teilnehmer dann zuhause weiter“, weiß Hundt. „So können wir oft die ganze Familie erreichen.“
Die Teilnehmerzahl der Seminare ist sehr unterschiedlich und für die Organisatoren nicht immer planbar. „Beim letzten Seminar hatten wir 20 afghanische Flüchtlinge, weil sich das Angebot bei denen offenbar rumgesprochen hatte“, so Hundt. Die Teilnehmer selbst sind in der Regel gemischt. „Wir haben hier Männer wie Frauen in allen Altersklassen“, sagt Hundt.
Im aktuellen Seminar berichten die Teilnehmer, dass in ihrem Land vieles anders sei. So gebe es in Syrien natürlich auch Gesetze, berichtet Mattar. Aber die würden dort nicht so streng befolgt. Shadi Hasso findet es erstaunlich, dass die Menschen hier vor dem Gesetzt tatsächlich gleich sind – sogar der Bürgermeister. Von dem Seminar hätten sie viel mitgenommen bestätigen die Männer. Jetzt könnten sie vieles besser einordnen und sich richtig verhalten.
Bis Ende 2016 werden insgesamt sechs von „KOMM-AN NRW“ geförderte Seminare durchgeführt. „Wir finden, dass diese Seminaren eine grundsätzliche Voraussetzung sind, sich im neuen Land zurecht zu finden“, erklärt Angelika Grabosch, Koordinatorin der AWO-Außenstelle Delbrück. Um die Integration zu fördern, planen plant sie für das nächste Jahr weitere Seminare in Kooperation mit der Stadt Delbrück.