Sozialkürzungen kommen den Staat teuer zu stehen

AG-Wohlfahrt warnt vor Folgen von Kürzungen im Sozialbereich

Schon ein einziger Schicksalsschlag wie eine schwere Krankheit, ein Un- oder Todesfall kann die Welt einer ganzen Familie aus den Fugen geraten lassen. Dann unterstützen die Beratungsdienste der freien Wohlfahrtspflege die betroffenen Menschen mit Rat und Hilfe. „Diese Hilfsangebote sind elementare Bestandteile unserer Demokratie, nicht umsonst hat Deutschland das Sozialstaatsprinzip im Grundgesetz als Staatsziel verankert. „Ziel der Politik und Gesetzgebung ist es also, für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit zu sorgen. Dieses Ziel lässt sich jedoch kaum erreichen, wenn in diesem Bereich weiter der Rotstift angesetzt wird“, sagte Ulla Hoentgesberg, Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und aktuell Sprecherin der AG Wohlfahrt im Kreis Paderborn zum Auftakt einer gemeinsamen Pressekonferenz der freien Wohlfahrtspflege in Paderborn.

Mit der Pressekonferenz laden prominente Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitsgemeinschaft AG-Wohlfahrt, die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Caritas Paderborn und die Caritas Büren, die Diakonie, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und der Paritätische Wohlfahrtsverband die Politik ein zum Dialog. „Wenn wir in diesem sensiblen Bereich sparen, kommt das den Steuerzahlern langfristig viel teurer zu stehen“, sagt Hoentgesberg. Leider sei das Beratungsangebot in Gänze nur den wenigsten bekannt: Ganztagsschulen, Kindertagesstädten, das breite Kur- und Freizeitangebot für Bedürftige, unterschiedliche Beratungsangebote für Zugewanderte, die allgemeine Sozialberatung, die Sucht- oder Schuldnerberatung, um nur einige Beispiele zu nennen. Bereits heute seien all diese Angebote unterfinanziert.

Am Beispiel der Schuldnerberatung erklärt der Vorstand des Caritasverbandes im Dekanat Büren e.V., Christian Bambeck, die Folgen von Sozialabbau: Die Schuldnerberatung hilft überschuldeten Menschen, ihre Schulden zu tilgen oder zu reduzieren und die soziale Existenz zu sichern. Kreisweit nehmen rund 1.600 Klienten diesen Dienst in Anspruch, darunter sind 28,3 Prozent Alleinerziehende, 27,3 Prozent durch Erkrankung oder einen Schicksalsschlag betroffene Menschen. Die Schuldnerberatung unterstützt die Betroffenen umfangreich bei ihrem Weg aus der Schuldenkrise.  Damit werden sie längerfristig wieder in die Lage versetzt, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Denn nicht selten kann Überschuldung zum Verlust der Wohnung und des Arbeitsplatzes führen. „Wer hier spart, schüttet das Kind mit dem Bade aus. Denn wenn sich die Wartezeiten für die Verschuldeten verlängern, dann droht unter anderem ein weiteres Abrutschen in Sozialleistungen“, so Bambeck.

Beispiele wie diese gibt es sehr viele. Die AG Wohlfahrt rief die Sozialpolitiker in Stadt und Kreis Paderborn auf, vor weiteren Kürzungen mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege ins Gespräch zu kommen. Denn bereits jetzt sei die desolate finanzielle Situation der Beratungsangebote belegt. Eine Blitzumfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) aus der vergangenen Woche zeige das eindrücklich. Bei der Blitzumfrage hatten sich bundesweit 8.297 Träger über alle Verbandsgruppen hinweg beteiligt; davon 2.369 aus NRW.

Dies sind die wichtigsten drei Ergebnisse:

  • Fast zwei Drittel der Einrichtungen und Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege mussten aufgrund finanzieller Schwierigkeiten in den vergangenen beiden Jahren ihre Angebote einschränken oder ganz einstellen. 63,8 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Angebote und Leistungen einschränken mussten. Bei 14,7 Prozent der Befragten führte dies sogar dazu, dass Angebote und Leistungen gänzlich eingestellt werden mussten.
  • Mehr als drei Viertel der Befragten rechnen damit, ihre Angebote auch 2025 weiter zurückfahren zu müssen. 75,6 Prozent der Befragten erwarten, dass sie 2025 weitere Angebote und Leistungen zurückfahren müssen. Dabei gaben 22 Prozent an, dass Angebote und Leistungen ganz wegfallen könnten.
  • Mehr als 70 Prozent der Einrichtungen und Organisationen befürchten, dass sich die Reduzierung der Angebote negativ auf demokratisches Engagement vor Ort auswirken wird. Vielfach sind die Einrichtungen und Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege in ihren Quartieren, Städten und Regionen Ankerpunkte für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement. 70,5 Prozent der Befragten sind sich sicher oder befürchten, dass dieses Engagement durch den Wegfall ihrer Angebote und Leistungen ebenfalls zurückgehen wird.

Hoentgesberg erinnert die Sozialpolitiker an ihre soziale Verantwortung: „Die fatalen Auswirkungen weiterer Kürzungen in der sozialen Infrastruktur und bei der Förderung von Freiwilligem Engagement auch im Bundeshaushalt 2025 werden sehr bald auf uns alle zurückfallen und unsere Demokratie weiter belasten. Es ist einfach nicht akzeptabel, dass Ungleichheit und Armut die Grundlagen sozialer und politischer Teilhabe gefährden.“

Rückfragen für die Presse

Ulla Hoentgesberg
Sprecherin der AG Wohlfahrt im Kreis Paderborn
Telefon: 0 52 51 – 290 66 10 | Fax: 0 52 51 – 290 66 29